Die Chinesen kommen ins Fricktal

  03.02.2016 Brennpunkt, Finanzen, Stein, Wirtschaft, Nordwestschweiz, Oberes Fricktal, Münchwilen, Unteres Fricktal

Von Walter Herzog

Das seit längerem kursierende Gerücht hat sich gestern bestätigt: Die chinesische Staatsfirma ChemChina kauft den Basler Agrochemiekonzern Syngenta für 44 Milliarden Franken. Der Verwaltungsrat von Syngenta empfiehlt den Aktionären einstimmig, das Angebot anzunehmen, wie Syngenta am Mittwoch mitteilte. Die Transaktion soll bis Ende des Jahres abgeschlossen werden. Der Deal muss noch von den Wettbewerbsbehörden abgesegnet werden. Syngenta soll ein weltweit tätiges Unternehmen mit Hauptsitz in der Schweiz bleiben, wie es im Communiqué heisst.

In Stein, Münchwilen und Kaisten sind 600 Angestellte davon betroffen, in der Region Nordwestschweiz insgesamt über 2‘300 Mitarbeiter. Welche Konsequenzen diese Übernahme für die einzelnen Standorte hat, wird sich erst in den kommenden Monaten zeigen. Bestimmt werden in Zukunft vermehrt chinesische Spezialisten in den Werken und am Forschungszentrum in Stein auftauchen. Das hier vorhandende Knowhow ist in China hochwillkommen. Das derzeitige Management von Syngenta werde das Unternehmen weiterhin leiten, heisst es in der Mitteilung. Nach Abschluss der Übernahme wird Ren Jianxin, Verwaltungsratspräsident von ChemChina, dem zehnköpfigen Verwaltungsrat vorstehen. Lediglich vier der aktuellen Verwaltungsräte werden dem Aufsichtsgremium weiterhin angehören.

Die Agrarkrise in Schwellenländern wie Brasilien sowie Wechselkursschwankungen machten Syngenta im Geschäftsjahr 2015 zu schaffen. Der Umsatz verringerte sich wegen des starken US-Dollars um 11 Prozent auf 1,8 Milliarden Dollar. Der Betriebsgewinn sank um 13 Prozent auf 1,84 Milliarden Dollar. Unter dem Strich resultierte ein Reingewinn von 1,34 Milliarden Dollar.

Erst letzten Sommer hatte der amerikanische Konzern Monsanto der Syngenta eine Übernahmeofferte unterbreitet, welche von der Führungsspitze jedoch abgelehnt wurde. Angesichts des finanziell lukrativen Angebots der Chinesen haben die führenden Aktionäre, der Verwaltungsrat und die Geschäftsführung nun aber kapituliert. Es ist unternehmerisch bedauerlich, dass ein weltweit führendes schweizerisches Agrounternehmen keine eigenständige Zukunft mehr sieht. Marktwirtschaftlich höchst bedenklich ist zudem, wenn aus Gründen der kurzfristigen Gewinnmaximierung eine wichtige Firma an ein staatlich kontrolliertes Unternehmen eines Landes mit einer kommunistisch orientierten autoritären Parteidiktatur verkauft wird.


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