Der Aargau erobert einen Teil von Deutschland

  03.12.2015 Aargau, Laufenburg, Nordwestschweiz, Brennpunkt, Oberes Fricktal, Kurioses

Von Layla Hasler

Eine nicht alltägliche Arbeit für Oliver Brem und sein Team des KSL Ingenieurbüros in Frick: Sie haben im Bezirk Laufenburg die Landesgrenzen angepasst. Mit einer Annektierung hat dies freilich nichts zu tun. Die Anpassung ist rein technischer Natur.

Die Landesgrenze zu Deutschland ist seit 1808 im Staatsvertrag zwischen dem Grossherzogtum Baden (D) und dem Kanton Aargau rechtlich abgesichert. In diesem Vertrag ist der «Talweg» im Rhein als dynamische Landesgrenze festgelegt. Der Talweg wird durch die jeweils tiefsten Punkte im Rhein gebildet und ist durch wechselnde Wasserströmungen ständigen Veränderungen ausgesetzt.

2004, fast 200 Jahre später, meldete Deutschland Bedarf an einer Neuregelung der Grenze im Hochrhein zwischen Basel und Konstanz dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in Bern an. Der Verlauf der Landesgrenze zu Deutschland wurde anschliessend in diversen Gesprächen mit den Beteiligten von Bund, Ländern und Kantonen beider Nationen neu erarbeitet. «Als Resultat liegt die Landesgrenze nun eindeutig in der Mitte», so Brem. Dies allerdings erst aus technischer Sicht. Rechtskraft erlangte die neue Landesgrenze noch nicht, wie Kantonsgeometer Christian Gamma ausführt: «Der administrative Prozess zwischen der Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland, welcher voraussichtlich mit einem Staatsvertrag abgeschlossen wird, läuft noch.»

Mit der neuen Landesgrenze in der Rheinmitte ändert sich der Grenzverlauf Die Schweizer Fläche in Laufenburg wird eher kleiner (s. Karte). «In Laufenburg, wo der Rhein eine Linkskurve macht, ist die tiefste Stelle eher auf deutscher Seite, dies bedeutet, dass die Fläche für die Schweiz kleiner wird. Bei einer Rechtskurve des Flusses, wie dies in Mumpf und Wallbach der Fall ist, verschiebt sich die Grenze gen Norden», erklärt Oliver Brem.

Neues Koordinatensystem

Die Bereinigung der Landesgrenze zu Deutschland erfolgte im Rahmen der Umstellung auf ein neues Koordinatensystem. «Die Vermessungsrundlage ist über 100-jährig. Die Messgenauigkeiten von damals entsprechen nicht mehr den technischen Möglichkeiten von heute, wie beispielsweise dem GPS», erklärt Brem. Das neue Koordinatensystem aufgrund der Landesvermessung von 1995 weist gegenüber den bisherigen Koordinaten zwischen Genf und dem Unterengadin Differenzen von zwei bis drei Metern auf, wie das Bundesamt für Landestopografie (Swisstopo) in einer Infobroschüre erklärt. Der Kanton Aargau bereitet sich momentan auf die neuen Koordinaten vor und plant den Bezugsrahmenwechsel für 2016.

Und hat der Aargau Land gewonnen? «Da der Talweg (tiefster Punkte) die heute noch rechtsgültige ‹alte› Landesgrenze bildet und diese somit dynamisch ist, kann der Flächenzuwachs oder -verlust nicht konkret ausgewiesen werden. Aufgrund des Bezugsrahmenwechsels (Koordinatenumstellung von LV03 auf LV95) wird der Kanton Aargau jedoch grösser», erklärt Kantonsgeometer Christian Gamma.

«Technisch gesehen war die Arbeit nicht sehr schwierig, dafür umso bedeutsamer! Welcher Fachmann kann schon sagen, er habe soeben die Landesgrenze angepasst?», meint Oliver Brem.


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