Seit der Information im Kurbrunnensaal sind fast zwei Monate vergangen. In gut drei Wochen soll die Gemeindeversammlung den Dienstbarkeitsvertrag, den die Ortsbürger und der Gemeinderat mit Holcim ausgehandelt haben, absegnen. Das, was daraus entstehen soll, ist für die Dauer von 30 bis 50 Jahren gedacht. Mehr als die Hälfte der heute lebenden Bevölkerung würde das malträtierte Grossgrüt nicht mehr wiederhergestellt erleben.

Getreu den Vorgaben der Holcim bemühen FDP und SVP die abgegriffene «Ökologie» und die trendige «Nachhaltigkeit». Bei diesen Begriffen kommt es darauf an, aus welcher Position man argumentiert – beide sind relativ. Darüber hinaus fordert der hiesige FDP-Parteichef in der Presse (12. Mai) für das Fricktal noch die Kiesautarkie: «Die Aufgabe der Kiesherstellung (sic!) hat das Fricktal in den nächsten 30 bis 50 Jahren selbst zu lösen». Also wie bei den Kartoffeln im 2. Weltkrieg. Niemand würde heute verlangen, dass die Autos der Fricktaler mit Herznacher Blech herzustellen sind. Aber im Notfall könnte man auf dieses Erz wieder zurückgreifen – was auch für den Kies im Grossgrüt sinnvoll wäre.

Rheinfelden ist während den letzten drei Jahrzehnten weitgehend zu einer Wohn- und Dienstleistungsstadt der Agglomeration Basel geworden. Darum brauchen wir die verbliebenen Freiräume für die Nah-Erholung – und nicht für Rohstoffgewinnung. Ein Blick auf die Landkarte zeigt, wie eng es bereits geworden ist. Wir Menschen werden noch enger zusammenrücken müssen. Darum gehört der Erhalt der noch vorhandenen Freiflächen zu den Prioritäten der Raumplanung, wie sie der Kanton auch im Raumentwicklungskonzept fordert. Kieswirtschaft im Grossgrüt und das Rheinfelder Logo «Lebenswert. Liebenswert.» passen schlecht zueinander. Mit einem Nein zum Dienstbarkeitsvertrag – wer weiss, was darin steht? – kann an der Gemeindeversammlung vom 13. Juni die unter Zeitdruck stehende Salamitaktik des Gemeinderats beendet werden.

BEAT SCHÄRER, RHEINFELDEN