ZwischenT(h)önen - Leidbild

  13.04.2018 Laufenburg

Wer mit und für Gemeindebehörden arbeitet, wird die Beobachtung vermutlich bestätigen: Die meisten Gemeinderatsmitglieder haben ein Zeitproblem. Die Zeit, die neben Beruf und anderen Verpflichtungen für die Behördentätigkeit bleibt, ist knapp. Sie reicht oft nur für die Bewältigung des politischen Alltagsgeschäfts aus, selbst wenn Abstriche bei Freizeit, Familie und Erholung gemacht werden. Die Beschäftigung mit übergeordneten und langfristigen Zielen und Planungen kommt in der Regel zu kurz. Es gibt Behördenmitglieder, die das bedauern, andere wiederum scheinen geradezu froh zu sein, sich mit Verweis auf die fehlende Zeit nicht mit dem beschäftigen zu müssen, was gemeinhin als «strategische Planung» bezeichnet wird. Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Es ist einfacher, sich um das Tagesgeschäft zu kümmern – und dabei allzu oft der Verwaltung ins Handwerk zu pfuschen – als um die langfristigen Entwicklungsziele einer Gemeinde.

Um nicht missverstanden zu werden: Es gibt in unserer Region Gemeindebehörden, welche die lang-, mittel- und kurzfristige Entwicklung ihrer Gemeinde systematisch und kontinuierlich planen, umsetzen und kontrollieren.

Dem Gemeindeleitbild, das in der Regel auf einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahre ausgerichtet ist, kommt unter den Planungsinstrumenten für Gemeinden eine ganz besondere Bedeutung zu, bildet es doch sozusagen das Dach, mit dem die nachgeordneten Instrumente in Beziehung stehen. Es gibt vor allem Antwort auf die Frage nach dem Entwicklungsziel und zeigt ferner auf, wie dieses Ziel zu erreichen ist. Dass ein Gemeindeleitbild seine Funktion nur dann erfüllen kann, wenn es spezifisch und massgeschneidert für eine bestimmte Gemeinde erarbeitet wurde, liegt auf der Hand, scheint aber noch nicht überall bekannt zu sein. Der Ammann einer Gemeinde, die noch über kein Leitbild verfügt, schlug neulich allen Ernstes vor, er könne ja die Leitbilder von drei, vier anderen Gemeinden besorgen und daraus etwas Eigenes machen. Wie das Ergebnis dieser Bemühungen aussehen wird, lässt sich jetzt schon sagen: Es wird ein Leidbild sein.

GERRY THÖNEN
gerry.thoenen@nfz.ch


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