«Es gibt nichts, was ich lieber täte»

  16.04.2018 Oberhof

Hoch oben in den Bäumen, mit beiden Füssen auf dem Boden: Samuel Veraguth

Täglich verschlägt es ihn hoch hinaus. Oft den ganzen Tag lang. Samuel Veraguth aus Oberhof ist Baumpflegespezialist. In Bäumen zu klettern ist für den Familienvater Beruf und Hobby zugleich. Bereits zweimal hat er sich den Titel als Vize-Schweizermeister im Baumklettern gesichert.

Gabi Reimann

Ganz klischeehaft könnte man in ihm auf den ersten Blick einen Musiker oder gestalterischen Künstler vermuten. Unumwunden lässt der zweite Blick aber auch den Baumpflegespezialisten zu. Jener Fachmann, der pflichtbewusst und sorgsam Bäume begutachtet, ihre Geschichte dokumentiert, sie schützt oder fällt und sie in luftiger Höhe pflegt. Der Spezialist, der nachhaltig Kunden berät, Pflanzungen vorbereitet und ausführt oder der es als Lehrlingsausbildner liebt, «Gelerntes weiter zu geben und die Lernenden zu motivieren, ihre Offenheit und Wachsamkeit zu bewahren». Und plötzlich kann und will man sich keinen anderen Beruf mehr vorstellen für den ausdrucksstarken Familienvater, der im Baselbiet aufgewachsen ist. Mit seiner Frau Heidi Emmenegger und den Kindern Johan (2015) und Nina (2017) fühlt er sich in Oberhof «zuhause und angekommen».

Mit Klettern Geld verdienen
Ursprünglich hat Samuel Veraguth eine Berufslehre als Landschaftsgärtner absolviert. «Ich war schon immer sehr gerne draussen», erklärt er diesen sehr früh gefestigten Berufswunsch. Die Zweitausbildung als Baumpflegespezialist hat Veraguth direkt nach Lehrabschluss in Angriff genommen, weil ihm innerhalb der Landschaftsgärtnerei die Bäume stets besonders am Herzen lagen. «Und weil es mich aufrichtig faszinierte, dass man mit Klettern Geld verdienen und seinen Lebensunterhalt bestreiten kann», ergänzt er. Auch wenn ihm sein Beruf – sei es witterungsbedingt oder aufgrund körperlicher Anstrengungen – immer wieder viel abverlangt, steht für ihn fest: «Ich übe ihn sehr gerne aus und kann mir nichts vorstellen, was ich lieber täte.» Die Gefahren und Risiken, denen er täglich ausgesetzt ist, relativiert der 36-Jährige: «Sicherheit, die Technik, die mit wachsender Erfahrung stets verfeinert wird, und neuste Technologien stehen für uns immer an oberster Stelle.»

Natürlich mache auch er sich – besonders seit er Vater sei – immer mal wieder Gedanken wie: «Was passiert, wenn ich falle?» Jedoch liessen sich diese Gedanken zugunsten professioneller Konzentration rechtzeitig ausschalten. «Die Gewissheit, exakt zu wissen, was ich wie angehe und dass ich seriös gesichert bin, überwiegt.»

Sicherheit hat auch oberste Priorität, wenn sich die Baumpflegespezialisten im Berufswettkampf messen. «Die Verblüfftheit darüber, dass es solche Wettkämpfe gibt, haben mich zur meiner ersten Teilnahme motiviert», erinnert sich Veraguth. Seit 2003 habe er praktisch jährlich Wettkämpfe in der Schweiz, Deutschland, Österreich oder Frankreich bestritten. Zweimal hat er sich als Vize-Schweizermeister durchgesetzt und sich damit für die Europameisterschaft qualifiziert. Mit seinen Resultaten über all die Jahre sei er zufrieden: «Die Vize-Meister-Titel freuen mich natürlich und insgesamt kann ich mich meist irgendwo im Mittelfeld bestätigen.»

Entstanden sind die friedlichen Wettkämpfe aus dem Bedarf heraus, dass jeder Baumpflegespezialist auch in die Situation geraten könnte, eine Person bergen zu müssen. Über die Jahre sind fünf Disziplinen entstanden, in denen die Berufsleute von einer Jury auf Technik, Anwendung der Sicherheitsrichtlinien und Stil bewertet werden. «Ja, ich bin nervös vor einem Wettkampf, aber auch hier lassen sich die Gedanken bei Antritt der Prüfungen in Konzentration kanalisieren.» Wenig verwunderlich, diese professionelle Disziplin eines Mannes, der jeden Tag aufs Neue hochhinaus will und dabei bescheidener nicht wirken könnte.

Dieses Portrait, mit freundlicher Genehmigung der Kulturkommission Wölflinswil-Oberhof, erschien in der gemeinsamen Dorfchronik beider Gemeinden, der «Rückblende 2017».
Die Chronik ist im Volg Wölflinswil und auf der Gemeindeverwaltung für 25 Franken erhältlich.


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