«Der Strudel der Weltlichkeit»

  20.04.2018 Kolumne

«Ewige Stadt», «Stadt der sieben Hügel», «Caput Mundi» (Haupt der Welt). Es gibt mehr als nur einen Namen für Rom. Die Stadt am Tiber ist Sinnbild für Aufstieg und Untergang eines der grössten Weltreiche doch zugleich auch ein Statement der Kontinuität und Tradition; ist Rom doch Sitz der ältesten Institution der Welt. Der Papst und die römische Kirche gehören zu Rom so wie der Rhein zu Rheinfelden gehört. Rom assoziiert man sofort mit den Römern, dicht danach folgt das Papsttum. Dass man vor allem um den Vatikan herum viele Priester auf der Strasse antrifft, ist normal. Eine Differenz zur Schweiz, die mir sogleich aufgefallen ist: Der katholische Glaube ist hier in Rom «anzutreffen», er ist präsenter als bei uns zuhause. Er wird regelrecht zelebriert. Ist logisch, aber ein zu beachtender Fakt angesichts der Kritik, welcher die Kirche und ihr Glaube in der heutigen Zeit unterworfen sind. Deshalb war es für mich auf Anhieb überraschend, wie intensiv der Glaube in Rom gelebt wird. Was ich in Rom immer wieder geniesse, ist die Monumentalität. Rom ist ein riesiges und vielfältiges Freilichtmuseum. Um zur ehrwürdigen Piazza Navona zu gelangen, passiere ich den Petersplatz, die Engelsburg und überquere die Engelsbrücke. Schon befinde ich mich im Herzen Roms mit seinen zahlreichen schmucken Gassen, üppigen Piazzas und edlen Palästen. Wenn man über die Schönheit und die Bedeutung Roms philosophiert, darf man etwas nicht vernachlässigen: Die Römer selber. Rom sei die Grenze zwischen Nord- und Süditalien, heisst es. Der römische Dialekt streift den neapolitanischen, doch ist dem Standarditalienisch nahe. Somit entsteht eine wohlklingende Mischung. Die Römer sind sich ihrer mondän-antiken Stadt bewusst: Voller antiker Römerruinen, doch trotzdem pulsierend und international. Starregisseur Paolo Sorrentino brachte den Kern des Römer-Seins mit seinem oscargekrönten Film «La Grande Bellezza» (Die grosse Schönheit) auf den Punkt: In Rom lebt man im Strudel der Weltlichkeit. Dekadenz und Prunk auf engstem Raum zusammen. Ein reicher Journalist aus der römischen Oberschicht versucht in seinem verschwenderischen Leben den Sinn seiner Existenz zu finden. Das römische Flair ist genau eine Mischung zwischen der historisch bedeutsamen und reichen Geschichte gepaart mit dem multikulturell-internationalen Ambiente. Rom lässt einen in den «Strudel der Weltlichkeit» gleiten, heisst es im Film. Rom hat aufgrund seiner Bedeutung im römischen Reich immer Menschen aus allen Erdteilen angezogen. Das Haupt der Welt eben. Die Kirche hat zusätzlich immer Christen aus aller Welt nach Rom gelockt. Es entsteht eine ambivalentes «römisches Flair». Rom muss man einfach ertragen, erkennen, erleben. Eben eine ewige Stadt.

ROMANO PELOSI (21)


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