Sie hilft den Kindern, ihre eigene Kreativität zu entdecken

  19.02.2018 Jugend, Rheinfelden, Unteres Fricktal

Von Janine Tschopp

Eigentlich wollte sie Tierforscherin werden. Wenn man sie in ihrem Haus in Rheinfelden besucht, ist dieser Berufswunsch nicht weiter verwunderlich, denn der Gast wird von nicht weniger als vier kleinen, fröhlichen Hunden begrüsst. «Neben der grossen Beziehung zu Tieren war auch der Hang zum Musischen und zum Theater präsent. Ich spürte immer zwei Seelen in meiner Brust», erinnert sich Olivia Lang. Schliesslich absolvierte sie eine kaufmännische Ausbildung und erlernte den Beruf der Maskenbildnerin.

Im Alter von 20 Jahren lernte sie ihren Mann Horst Lang kennen. Er war ein gefragter Bühnenbildner, Theatermann und liebte Kinder. Während vier Jahren war das junge Paar mit dem Schweizer Tourneetheater unterwegs und tingelte in halb Europa von Bühne zu Bühne. Auf Tour war Olivia Lang nicht nur als Maskenbildnerin, sondern als «Mädchen für alles» gefragt. Sie sorgte dafür, dass die Schauspieler und Schauspielerinnen geschminkt waren, die Frisuren sassen und auch sonst keine Wünsche offen blieben. Sie kam in Kontakt mit verschiedenen Schauspielgrössen und bekannten Regisseuren. «Einmal musste ich für Johannes Heesters ein Hühneraugenpflaster kaufen», lacht sie.

Sie begann sich für Regiearbeit zu interessieren und schaute den Regisseuren, die sie auf Tournee traf, über die Schultern. Auch wenn es reizvoll war, wurde das Tourneeleben mit der Zeit sehr anstrengend. Olivia und Horst Lang vermissten es, sesshaft zu sein. Zudem keimte während der vier Tourneejahre der Wunsch eines eigenen Theaters auf.

Gründung des Basler Kindertheaters

1969 heirateten Olivia und Horst Lang Ein Jahr später erfüllten sie sich ihren langersehnten Traum, mieteten in ihrem Wohnhaus in Basel einen grossen Raum und eröffneten das erste Basler Kindertheater. Es war Pionierarbeit, welche das junge Paar damals leistete, denn nicht nur in Basel, sondern schweizweit war diese Art von Kindertheater, wo von Kindern für Kinder gespielt wurde, einzigartig.

Dann folgten fünf harte Jahre mit grossen finanziellen Schwierigkeiten. «Wir haben uns von Quartal zu Quartal ‹durchgeschleppt›. Manchmal spielten wir nur vor drei oder vier Leuten. Das Geld reichte einfach nicht», erzählt Olivia Lang. 1975 war es der Basler Politiker Andreas Gerwig, der ein Aktionskomitee gründete, woraus der Verein für das Basler Kindertheater entstanden ist. Durch die Unterstützung des Fördervereins konnte sich das Theater weiterhin über Wasser halten. «Es war immer noch knapp, aber wir erhielten Subventionen von der Stadt Basel», betont Olivia Lang.

Sehr froh und dankbar war sie, dass ihre Mutter als Schneiderin die Theaterkostüme unentgeltlich nähte und zur Verfügung stellte. «Zeitenweise hatten wir kaum Geld zum Leben», erinnert sich die passionierte Theaterfrau, die ihren Traum trotzdem nie aufgeben wollte.

Schliesslich folgten auch einige gute Jahre. Das Basler Kindertheater war während vieler Jahre einzigartig. «Den Leuten hat’s in unserem Kindertheater gefallen. Oftmals hatten wir eine Besucher-Auslastung von 80 bis 90 Prozent, und das war viel. Unser Basler Kindertheater hat als Modell für andere Kindertheater gedient, die sich in jener Zeit als positives und pädagogisch wertvolles Erfahrungsmittel für Kinder nicht nur in Basel, sondern auch europaweit immer mehr verbreiteten.»

Als ihr Mann 1998 verstarb, führte Olivia Lang das Theater während zwölf Jahren alleine weiter. «Es war nicht einfach ohne meinen Mann.» So entschloss sie sich 2010, ihr Kind, nämlich das Basler Kindertheater, das ihr Mann und sie auf die Welt brachten und während 40 Jahren hegten und pflegten, an den Förderverein zu übergeben.

Zurück in ihre Heimat Rheinfelden

Olivia Lang ist in Rheinfelden aufgewachsen. «Mein Vater arbeitete als Architekt bei Feldschlösschen.» Seit ihrer Heirat mit Horst Lang lebte sie vor allem in Basel. Als beide Elternteile 1989 verstorben waren, zogen sie und ihr Mann ins Elternhaus nach Rheinfelden. Sie fuhren jeden Tag zur Arbeit ins Kindertheater nach Basel.

Nach vielen sehr arbeitsintensiven Jahren, dem Tod ihres Mannes, der Übergabe des Basler Kindertheaters an den Förderverein und einigen Schicksalsschlägen, erlitt Olivia Lang ein Burn-out und brauchte ein bisschen Zeit für sich selber. Schon bald aber stürzte sie sich wieder in die Arbeit und realisierte verschiedene Theater-Projekte für Kinder. 2011 gründete sie das mobile Theater «Unicum» und führt ihre Produktionen auch im kleinen Freilichttheater im eigenen Garten in Rheinfelden auf.

«Ich will den Kindern mit auf den Weg geben, dass Fantasie und Kreativität sehr wichtig sind. Mit dem Theaterspielen lernen sie, etwas zu wagen. Zudem fördert es gegenseitige Achtung und Geduld», erklärt die 74-Jährige. Sie würde den Kindern mehr Langeweile gönnen. «Die heutige Gesellschaft erzieht die Kinder teils durch ungesunden Leistungsdruck zum Perfektionismus. Dieser Druck macht krank. Eigentlich sollte immer die Freude im Vordergrund stehen. Heute haben Kinder oftmals zu wenig Ruhe und Zeit, ihre eigene Kreativität zu entdecken», stellt Olivia Lang fest. Sie freut sich, dass sie die Kinder beim Theaterspielen in eine Welt, wo Kreativität und Fantasie gross geschrieben sind, begleiten darf.

 

«Zauberer Hokuspokus»

RHEINFELDEN. Mit ihrem Theater «Unicum» führt Olivia Lang ab Ende Mai ihre eigene Märchenproduktion «Zauberer Hokuspokus» auf. Sie freut sich auf viele Kinder (zwischen sieben und 14 Jahren), die gerne bei der Produktion mitspielen möchten. Anmeldungen und Informationen bei Olivia Lang unter der Telefonnummer 061 831 53 36. (jtz)


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