Kehrt in Gipf-Oberfrick Ruhe ein nach der Wahl?

  17.09.2017 Aargau, Politik, Gipf-Oberfrick, Nordwestschweiz, Oberes Fricktal, Gemeinden

von Simone Rufli

 

Um eine ruhige Kugel zu schieben, bewirbt sich heute niemand für einen Sitz in den Gemeinderat von Gipf-Oberfrick. Die Unstimmigkeiten rund um den Oberstufenstandort und die rückwärtige Bahnhoferschliessung haben die Gemüter genauso bewegt, wie die längst nicht für alle befriedigende Zusammenarbeit mit Frick. Nach dem klaren Bekenntnis für eine von Frick unabhängige Oberstufe – entgegen dem Vorschlag des Gemeinderats – verspricht die bevorstehende Wahl spannend zu werden. Neben den Bisherigen treten an: die ehemalige Präsidentin der Aargauer Schulpflegepräsidien, Verena Buol Lüscher (SP) und der parteilose Ignaz Heim, bekannt geworden als Mitglied der Kerngruppe der «IG Pro Oberstufenstandort Gipf-Oberfrick».

NFZ: Frau Leutwyler, Sie standen als Gemeindeammann und Vertreterin einer Gipf-Oberfricker Oberstufe unter Fricker Führung in letzter Zeit arg in der Kritik. Was motiviert Sie, erneut zu kandidieren?

Regine Leutwyler: Die Arbeit im Gemeinderat macht mir immer noch Freude und es stehen einige interessante Projekte an, für die ich mich engagiere, wie der Erhalt der Poststelle oder die Umsetzung des Kinderbetreuungsgesetzes. Betreffend Oberstufe spürte der Gemeinderat im Vorfeld der Versammlung, dass wir keine Chance haben mit unserem Vorschlag und wir rechneten mit einer Niederlage.

 

Herr Merkle, Sie betreuen die Ressorts Finanzen, Steuern, Natur, Umwelt, Militär und Zivilschutz und können Ihre Arbeit weitgehend in Ruhe erledigen. Als Mitglied des Kollegiums tragen aber auch Sie so umstrittene Entscheide mit. Macht Ihnen Ihre Arbeit noch Freude?

Roger Merkle: Selbstverständlich, sonst würde ich mich auch nicht zur Wiederwahl stellen. Der einzelne Gemeinderat hat neben seinem Ressort als Teil des Gemeinderat-Kollegiums zielführende Entscheide zu treffen. Nicht immer finden diese in der Bevölkerung eine Mehrheit. Dies ist Teil unserer Schweizer Demokratie, auf diese Errungenschaft dürfen wir auch stolz sein. Die Bevölkerung hat immer das letzte Wort.

 

Setzen Sie bestimmte Hoffnungen in die neue Zusammensetzung des Gemeinderates?

Roger Merkle: Die bestehende Arbeit sollte zielführend weitergeführt werden können und auch eine Kontinuität in der Zusammensetzung ist diesbezüglich klar von Vorteil.

Drückt die Kritik aus der Bevölkerung auf die Stimmung im Gemeinderat?

Roger Merkle: Nein. Kritik ist immer eine Chance, eine Angelegenheit in einem neuen Licht zu betrachten und weitere Aspekte in die weiteren Entscheide einzubeziehen. Kritikfähigkeit gehört zum Amt eines Gemeinderates.

 

Herr Heim, als Mitglied der «IG Pro Oberstufenstandort Gipf-Oberfrick» haben Sie erfolgreich gegen den Gemeinderat gearbeitet. Werden Sie gewählt, müssen Sie zusammenarbeiten. Ist nicht zu viel Geschirr zerschlagen?

Ignaz Heim: Ich bin der Meinung, wir haben es geschafft, auf der Sachebene unsere Ziele zu verfolgen. Wir haben bestimmte Vorgehensweisen und Unterlassungen kritisiert, sind mit unseren Argumenten aber nicht persönlich auf bestimmte Gemeinderäte losgegangen. Für mich ist also kein Geschirr zerschlagen. Der gegenseitige Respekt ist eine wichtige Grundlage für eine gute Zusammenarbeit.

Was darf man von Ihnen bei einer Wahl erwarten?

 

Ignaz Heim: Ich bin parteilos, denke bürgerlich und handle sozial. Ich trete für Eigenverantwortlichkeit ein, wenn im Einzelfall aber jemand Hilfe braucht, soll er Hilfe bekommen. Parteilos bin ich deshalb, weil es für mich in jeder Partei Ideen und Anliegen gibt, für die es sich lohnt, sich einzusetzen. Ich will ungebunden und sachbezogen politisieren können.

In einer IG ziehen alle am selben Strick. Im Gemeinderat werden unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen. Sind Sie kompromissbereit?

 

Ignaz Heim: Ja. Um zu einem Kompromiss zu kommen, muss man aber zuerst einen klaren Standpunkt vertreten können. Das müssen beide Seiten. Der Kompromiss liegt dann irgendwo in der Mitte, ohne dass die einen die Sieger und die anderen die Verlierer sein müssen. Wichtig ist, dass man sich über die Ziele einigt und sich bewusst ist, dass man sie auf unterschiedlichen Wegen erreichen kann.

 

Verena Buol, Herr Heim ist der Ansicht, dass Sie sich in der Kontroverse um die Oberstufe zu wenig positioniert haben. Was sagen Sie dazu?

Verena Buol Lüscher: Das ist interessant. Ich war bis 2013 während 12 Jahren Schulpflegepräsidentin, zu einer Zeit also, als die Zukunft der Oberstufe schon ein Thema war. Wir, Herr Heim war damals auch in der Schulpflege, haben das Geschäft Ende der Amtszeit dem Gemeinderat übergeben. Hätte ich dieses Thema weiter aktiv begleiten wollen, hätte ich in der Schulpflege bleiben müssen. Als Ehemalige ist das nicht meine Aufgabe und nicht in meinem Sinne. Ich bin der Meinung, dass wir unbedingt mit Frick zusammenarbeiten müssen, um ein langsames Ausbluten unserer Schule durch den Kanton zu verhindern. Nur so wird es uns gelingen, einen Scherbenhaufen zu verhindern und die Qualität unserer Schule zu erhalten. Ich spreche aus Erfahrung. Herr Heim und die anderen Mitglieder der IG hätten übrigens die Gelegenheit gehabt, meine Position im persönlichen Gespräch kennenzulernen. Ich habe die IG nach der Gemeindeversammlung angeschrieben, weil ich mich als Kandidatin positionieren wollte, habe aber eine ablehnende Antwort bekommen.

 

Als ehemalige Schulpflegepräsidentin, langjährige Präsidentin der Aargauer Schulpflegepräsidien und Mitglied in diversen Kommissionen des Bildungsraums Nordwestschweiz verfügen Sie über sehr viel Erfahrung. Ist das der Grund für Ihre Kandidatur?

Verena Buol: Politik interessiert mich grundsätzlich. Ich wollte immer einmal in den Gemeinderat, aber nicht direkt von der Schulpflege aus. Ich kann mir jedes Ressort vorstellen, würde mich in alle Dossiers hineinarbeiten.

 

Sie stellen sich in einer unruhigen Zeit zur Wahl. Stehen Sie gerne im Gegenwind?

Verena Buol: Niemand steht gerne im Gegenwind. Aber ich kann sehr gut Persönliches von Beruflichem trennen. Es reizt mich ungemein, aus unterschiedlichsten Meinungen ein Optimum in Form eines Kompromisses herauszukratzen.

 

Herr Bovens, auch das von Ihnen in Zusammenarbeit mit Frick ausgearbeitete Projekt der Norderschliessung Bahnhof wurde wegen der Linienführung heftig kritisiert. Der Gemeinderat hat das Projekt zurückgezogen. Sie stehen wieder am Anfang. Was motiviert Sie, erneut zu kandidieren?

Jos Bovens: Ich bin immer noch voller Tatendrang. In den letzten acht Jahren konnte ich einen grossen Schatz an speziellem Wissen und Erfahrung erwerben. Es ist meine Überzeugung, dass es wertvoll ist, diese Ressourcen einzusetzen. Im Prozess der Revision der Nutzungsplanung und der Bau- und Nutzungsordnung sind die Vorarbeiten faktisch abgeschlossen und die Erkenntnisse sollten jetzt einfliessen in die eigentliche Revision, die unmittelbar bevorsteht. Ähnliches gilt auch für die Arbeiten an der Norderschliessung. Hier stehen wir übrigens keineswegs wieder am Anfang, sondern gehen lediglich einen Schritt zurück, indem wir ein unabhängiges Planungsbüro beauftragen, alle Varianten zu hinterfragen, wenn möglich zu optimieren oder sogar abzuändern. Das alles unter direktem Einbezug der Meistbetroffenen. Anschliessend setzen wir eine Arbeitsgruppe ein, damit wir zu einer Lösung kommen, die mehrheitsfähig ist.

 

Die Wahl bringt mindestens eine neue Stimme in den Rat. Die Norderschliessung und das Ringen um zusätzliche Schüler bleiben ihnen wohl erhalten. Erhoffen Sie sich neuen Schwung durch neue Ideen?

Jos Bovens: Für das sind neue Ideen da; sie sollen Bewegung auslösen. Als Gemeinderat muss man so oder so dauernd ein offenes Ohr haben für frische, innovative Gedanken und zwar ressortübergreifend.

 

Frau Leutwyler, Ignaz Heim spricht sich nicht grundsätzlich gegen eine Zusammenarbeit mit Frick aus. Er verlangt aber ein selbstbewussteres Auftreten. Trat der Gemeinderat in den letzten Jahren zu unterwürfig auf?

Regine Leutwyler: Wir arbeiten in verschiedenen Bereichen schon länger zusammen und das funktioniert bestens. Es ist ein Geben und Nehmen. Wir pflegen eine freundschaftliche Beziehung, schätzen uns gegenseitig, reden offen miteinander und man respektiert eine andere Meinung des Gegenübers. Auch wenn ich etwas kleiner bin als Fricks Gemeindeammann Daniel Suter können wir auf Augenhöhe verhandeln und Zugeständnisse wurden keine gemacht. Betreffend Fusion werden wir jeweils von der Presse angesprochen, aber die Fricker kennen unseren Standpunkt und respektieren ihn.

 

Georg Schmid, Sie bearbeiten unter anderem die Bereiche Verkehr, Strassen, Wasser, Landwirtschaft, Forst, Ortsbürger und Feuerwehr. Was motiviert Sie erneut zu kandidieren?

Georg Schmid: Bei meiner Kandidatur 2012 hatte mir ein Gemeinderat gesagt, dass man die ersten zwei bis vier Jahre braucht, um sich im Amt einzuarbeiten. Ich bin nun seit gut fünf Jahren im Gemeinderat und kann mein Wissen, meine Erfahrungen und das Erlernte einbringen. Die Gemeinderatsarbeit macht mir Freude und ich setze mich gerne für die Bevölkerung ein.

 

Gibt es aus Ihrem Ressort Themen, die wegen Schule und Norderschliessug fast etwas verdrängt werden?

Georg Schmid: Bei meinen Ressorts – vor allem im Tiefbau – laufen immer viele Abklärungen und Planungen im Hintergrund. Das muss trotz diesen beiden «grossen» Themen laufen. Ich würde daher nicht sagen, dass die anderen Themen untergehen, aber die Arbeitslast, vor allem für die Gemeindeverwaltung, ist umso grösser.

 

Wie erleben Sie die politische Kultur im Dorf – hat sie sich verändert?

Georg Schmid: Wir haben mit der Schule und der Norderschliessung Themen, welche die Emotionen \"hochgehen\" lassen. Die auch Gruppierungen bilden lassen, welche sich für ihre Interessen stark machen. Man könnte fast sagen, das Volk ist dem Gemeinderat gegenüber nicht mehr so loyal wie vielleicht noch vor 15 oder 20 Jahren. Immer öfters wird vieles schon von vorne herein in Frage gestellt. Eine aktive Beteiligung der Bevölkerung ist grundsätzlich aber positiv.

 


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