«Viele vergessen, auch beim Heimkommen gibt’s einen Kulturschock»

  30.07.2016 Frick, Persönlich, Sport, Gipf-Oberfrick, Oberes Fricktal, Volleyball

«Ich bin ein offener Mensch. Ehrlich, aber auch ehrgeizig, vor allem im Sport», so beschreibt sich Roxana Wenger selbst. Mit ihren 21 Jahren hat sie schon vieles erlebt. Als Juniorin sammelte sie zahlreiche Titel an Aargauer- oder Schweizermeisterschaften, sie war Stammspielerin in der zweithöchsten Volleyball-Liga der Schweiz und ein Jahr im Ausland. Mit ihrem Erfolg weiss die junge Athletin umzugehen, denn auch mit Misserfolg und Verletzungen hatte sie zu kämpfen. Etwas fehlte der jungen Athletin in der Schweiz noch: ein persönlicher Titel. Und diesen holte sie in den USA.

Wengers Mutter wusste um ihr Talent

Als Wenger die Geschichte erzählt, wie sie zum Volleyball-Sport kam, muss man schmunzeln. Und sagen: Mami sei Dank. «Ich wollte immer in der Badi mit meiner Mutter spielen. Sie dachte, dass es mir wohl nicht so viel Spass macht, wenn ich es nicht kann», erzählt die 21-Jährige. Ihre Mutter wusste wohl damals schon um den Ehrgeiz ihrer Tochter. «Mit dem TSV Frick gab es einen Club direkt im Nachbardorf und sie fragte mich, ob ich dort mal reinschauen möchte.» Der Zufall wollte es so, dass im Team noch ein Platz frei war und die damals knapp zehnjährige Roxy so schnell in den Sport hineinwuchs.

Nach Stationen beim TSV Frick, Volley Smash 05 Laufenburg-Kaisten und Dynamo SeeWy wechselte sie 2013 ins NLB-Team von Kanti Baden. Wenger spielte in den vorherigen Teams als Diagonalangreiferin – bei Baden war mit Laura Künzler eines der grössten Schweizer Talente auf dieser Position gesetzt. Sie schlug dem damaligen Trainer Harry Gloor vor, sie könne ja als Zuspielerin fungieren, schliesslich sei diese Position im Team noch vakant. Nun schmunzelt die junge Sportlerin und erzählt: «Harry meinte damals zwar, meine Pässe seien zu schlecht, aber wir hätten drei Monate Zeit, um sie hinzubekommen.» Sie arbeitete kontinuierlich an ihrer Technik, da Gloor auch ihr Trainer an der Sport-Kantonsschule in Aarau war, konnte sie doppelt profitieren.

Vertrag bei Sm’Aesch Pfeffingen

Harry Gloor, er ist zwischenzeitlich Scout beim Baselbieter Spitzenverein, war es auch, der den Kontakt zwischen Wenger und Sm’Aesch Pfeffingen herstellte. Wenger wird zusammen mit Tess von Piekartz auf der Zuspielposition fungieren. Als Halbprofi. Neben täglich zwei Trainingseinheiten wird sie im September an der Uni Basel ihr Wirtschaftsstudium beginnen.   

Wenger beschreibt sich als ehrgeizig, sie blieb aber immer realistisch. «Ich war schon immer leistungsorientiert, sonst wäre ich nicht an die Sportkanti gegangen. Dass ich jemals in einem NLA-Team spielen werde, hätte ich aber definitiv nie gedacht», sagt sie und meint, dass ihr realistisches Ziel Stammspielerin in einem NLB-Team gewesen sei. Ihr Ziel hatte sie bereits bei Kanti Baden erreicht, nun ging mit dem Vertrag beim Vize-Schweizermeister ein Traum in Erfüllung. Aber auch hier bleibt die 21-Jährige auf dem Boden, und unterschrieb nur einen Ein-Jahres-Vertrag. «Ich will zuerst schauen, wie es für mich geht, wie ich mich etablieren kann.» Ihr Ziel sei, sich körperlich und physisch auf diesem Niveau zu etablieren.

Coach von Sm’Aesch Pfeffingen ist Timo Lippuner, der ebenfalls Heacoach der Schweizer Nationalmannschaft ist. «Mit Timo erhalte ich einen sehr guten Trainer. Es war beeindruckend, als er im ersten Training nach 20 gespielten Bällen erkannte, woran ich arbeiten muss.»

US-College-Studentin

Der Kontakt zwischen Wenger und Lippuner kam zustande, als sie noch in den USA verweilte. Das Jahr in Springfield, Massachusetts, genoss sie, sie fand wieder zurück in ihr Spiel. Denn im Jahr vor ihrem Auslandsjahr musste sie die Saison aufgrund einer Verletzung abbrechen. «Es war eine super Erfahrung, nicht nur volleyballerisch, sondern auch menschlich. Ich habe mich definitiv weiterentwickelt.»

An der Beachvolleyball-Schweizermeisterschaft 2013 kam Sandra Brunke, Agenturleiterin von VolleyUSA, auf die junge Fricktalerin zu. Nach dem Abschluss der Kantonsschule in Aarau im letzten Jahr zog es sie dann nach Übersee. Auf die Frage, ob sie es nochmals machen würde, antwortet sie zurückhaltend. «Jetzt gerade nicht, da ich meine Familie und Freunde halt ein Jahr nicht gesehen habe. Aber ich würde es jedem weiterempfehlen.»

Unterschiede zwischen der Schweiz und den USA stellte sie einige fest. «Es war toll, die kulturellen Unterschiede zu erleben. Was aber viele vergessen, ist, dass wenn man zurückkommt, erneut einem Kulturschock eintritt. Das Spezielle daran ist, dass man das ja nicht erwartet, weil man ja nach Hause kommt.» Das Interessante für Wenger war, dass der Sport einen ganz anderen Stellenwert hat. Auch Lob werde in den USA viel mehr ausgesprochen. Und das Selbstvertrauen der Menschen sei höher. «Macht man etwas gut, dann darf man das auch sagen, ohne dass man gleich als arrogant bezeichnet wird.»

In der Schweiz holte Wenger im Team einige Titel, eine persönliche Auszeichnung fehlte noch in ihrem Palmarès. In den USA wurde sie ins All-Rookie-Team sowie ins All-Championship-Team gewählt. «Diese Auszeichnungen taten meinem Selbstvertrauen gut und ich konnte viel Spielpraxis sammeln.» Und das ist wichtig, für ihre Zeit beim Vize-Schweizermeister Sm’Aesch Pfeffingen.


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