Rotkäppchen und Wolf(ig)

  23.07.2016 Oberes Fricktal, Persönlich, Wölflinswil, Porträt

Von Dominik Senn

«Ich schätze mich als aktive, fröhliche und gesellige Person ein», sagte Bäuerin Sandra Belser-Winkler mit Jahrgang 1972 vom Wolfig-Hof westlich von Wölflinswil. Sie ist eine ausgezeichnete Köchin. Das hat das Mitglied des Landfrauenvereins Wölflinswil am Schweizer Fernsehen bewiesen: In der Kochwettbewerbs-Sendung «SF bi de Lüt – Landfrauenküche» mass sie sich mit sechs weiteren Landfrauen in Kochkunst. Ihr Menü: Fricktaler Lauchsuppe zur Vorspeise, Kaninchen-Rollbraten im Brotteig mit Gemüsebouquet zum Hauptgang und eine mit selber gefertigten «Mon Chéri» gespickte Rotkäppchentorte aus betriebseigenen Weichselkirschen. «Die Anmeldung erfolgte hinter meinem Rücken durch eine Praktikantin auf dem Hof. Mein Mann Marcel gab ihr sein Einverständnis aber bloss, weil er annahm, ich würde gar nicht ausgewählt», so Sandra Belser. Als die Wahl dennoch erstmals auf eine Fricktalerin fiel, verhielten sich alle ganz solidarisch. Sandras Mutter schneiderte ihr sogar ihre Fricktaler Sonntagstracht zu.

Zum Drehbeginn band sie sich jedoch wieder einmal eine Metzgerschürze um. «Das Kamerateam staunte nicht schlecht, als ich dem Chüngel das Fell über die Ohren zog und ihn fachgerecht ausnahm, abhängen liess und schliesslich ausbeinte», lachte sie verschmitzt. Sie füllte ihn mit Brät, Gewürz und Kräutern und kleidete ihn in Brotteig, damit das Fleisch schön saftig blieb. Chüngel-Rollbraten und Rotkäppchentorte à la Wolfig, mmh! Rotkäppchen und Wolf(ig), das passt!

Viehzucht ist der ganze Stolz

Damit es klar ist: Auch das Fleisch stammte aus eigener Produktion. «Seit ich denken kann, hielten wir uns Kaninchen, und zwar Dreifarben-Kleinschecken.» Ihre Eltern in Wil hatten sie in die Geheimnisse der herausfordernden Zucht von Dreifarbenschecken eingeweiht. Ihr derzeitiger Bestand: Drei Würfe prächtiger Dreifarbenschecken, insgesamt zwanzig Stück, die Sandra Belser höchstpersönlich betreut.

Auch Milchvieh gibt es im Wolfig. Viehzucht ist der ganze Stolz von Ehemann Marcel Belser. 26 Kühe der Rasse Red- Holstein stehen im Stall, insgesamt über fünf Dutzend Stück Vieh wollen versorgt sein.

Ein weiterer Betriebszweig von Belsers ist eine Schweinemast; Bestand heute: 120 Stück. Der 26-Hektaren-Betrieb mit viel Ackerbau ist gut mechanisiert. Fehlt eine Maschine, greift Marcel Belser auf jene der Maschinengemeinschaft Chornberg oder auf den Maschinenring Wölflinswil und Umgebung zurück.

Mutter und Tochter haben das gleiche Hobby

Ein weiteres Hobby: «Ich bin eine leidenschaftliche Freizeitreiterin», sagte Sandra Belser, die das Hobby mit ihrer jüngeren Tochter Angela teilt, während sich die ältere Tochter Bettina lieber der Viehzucht widmet. Pferd Shakira ist eine Kreuzung Welschland-Pony x Araber, Hvinur ein Isländer. Bettina, 20-jährig, ist gelernte Landwirtin. Angela, 18, im letzten Lehrjahr Im Freiamt, auch auf dem Weg dazu. «Ich glaube, mein Mann und ich haben Einiges richtig gemacht, dass beide Kinder den Hof weiterführen wollen», meinte sie zufrieden lächelnd.

Sandra Belser hatte noch das damalige bäuerliche Haushaltlehrjahr absolviert. Sie lebte dann kurze Zeit auf einer Farm in Kanada, kehrte heim und erlernte den Beruf der Post-Zustellbeamtin, arbeitete viele Jahre lang in Brugg, bevor sie dem Ruf ihres Herzens folgte und Landwirt Marcel Belser heiratete, auf dessen Hof sie 1996 zog.

Kartoffeln, Bohnen, Salat und allerlei Gemüse und Früchte: Sandra pflegt einen grossen Gemüsegarten. Und man fragt sich unweigerlich, woher sie die Zeit nimmt für Familie, Haus, Stall und alle die Hobbys. Sie ist nicht nur eine aktive Landfrau (war lange Zeit im Vorstand), sondern immer noch Vorstandsmitglied der Kleintierzüchtervereinigung Mettauertal, seit drei Jahren Präsidentin des Naturschutzvereins Wölflinswil und seit vielen Jahren Jugendgruppenleiterin des Jugendclubs Pirol, dessen Träger die Natur- und Vogelschutzvereine der Region Frick sind, namentlich Eiken, Frick, Gipf-Oberfrick, Herznach-Ueken, Oeschgen, Wittnau und Wölflinswil-Oberhof. Diese Vereine sind bemüht, für die jungen Naturschützer immer wieder ein abwechslungsreiches Jahresprogramm zusammenzustellen.

Sandras Traum (wären die Auflagen für einen Wirtschaftsbetrieb auf einem landwirtschaftlichen Gutshof nicht derart hoch, wäre er vermutlich bereits Realität): Eine Besenbeiz am Wanderweg Aarau-Frick zu eröffnen...


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