Lea und das Stück vom Glück

  20.05.2016 Möhlin, Sport, Porträt, Unteres Fricktal

Von Ronny Wittenwiler

«Das ist schon krass», sagt Lea Hinnen irgendwann während des Gesprächs. Es ist der Moment, der ganz deutlich zeigt: Hier ist eine junge Frau, die Überlegungen anstellt, sich Gedanken macht, die weit über die Grundlinie eines Fussballfelds hinaus reichen. «Krass» also nennt Lea Hinnen, was sie angetroffen hatte, in Osteuropa, «zum Beispiel in Mazedonien oder Bosnien», unterwegs als Juniorin der Schweizer Frauennationalmannschaft. Busfahrten vorbei an einfachsten Hütten, vorbei an Betonruinen, zum Teil sichtbare Einschusslöcher, vorbei an spielenden Kindern neben Müllbergen und dann – «dann beziehst du das schönste Hotel, luxuriös, und es gibt Teamkolleginnen, die sich über das Loch im Bettlaken beschweren. Das löschte mir völlig ab.»

Ein besseres Leben
Lea Hinnen, 22 Jahre jung, aus Möhlin. Sie ist sich bewusst, als hier Geborene in vielerlei Hinsicht privilegiert zu sein. Und just dieses Bewusst sein – oder vielleicht: dieses gewachsene Bewusst werden – das versetzt sie in einen permanenten Unruhezustand. Lea Hinnen möchte «etwas» bewegen. Gerade jetzt zum Beispiel: mit ihrem «Hindernislauf für Afrika». Auf eigene Initiative organisiert, ist die Veranstaltung nun Teil der Möhliner Bewegungswoche (das Programm hier). An sämtlichen Schulen in Möhlin mit ihren fast 1500 Mädchen und Buben liess Lea Hinnen Flyer verteilen, von Kindergarten bis Oberstufe. Mit ihrem «Hindernislauf für Afrika» möchte sie einerseits Bewegungsminuten für Möhlin sammeln, anderseits liegt dem Anlass die Idee zugrunde, Geld für das Sporthilfeprojekt «Coaches Across Continents» zu sammeln; ein Projekt, das in Afrika und anderen Kontinenten benachteiligten Kindern durch Sport ein besseres Leben ermöglichen soll.

«Wäre nie so weit gekommen»
Aufmerksam auf dieses Projekt wurde sie während ihrer Zeit in den USA. In New York ein Sportstipendium erhalten, studierte sie dort Soziologie. Seit letzten Herbst und nach drei Jahren ist Lea Hinnen wieder zurück in der Schweiz, wieder zurück in Möhlin, hier also, wo in sportlicher Hinsicht für sie alles begonnen hatte. «Die Möhliner Schulen kamen mir sehr entgegen», blickt sie heute auf ihre Schulzeit zurück. «Da ich schon in der siebten Klasse relativ intensiv Fussball spielte, haben die Schulen mir ermöglicht, all meine Trainings zu besuchen. Dies führte auch dazu, dass ich das Sportgymnasium besuchen und in der Nati A beim FCB und Yverdon sowie in der U19 Nationalmannschaft spielen konnte.»
Für Hinnen ist klar: Ohne die Bereitschaft der Möhliner Schulen, sie auch für gewisse Stunden freizustellen, wäre sie nie so weit gekommen, hätte sie «womöglich nie» in den USA in der höchsten College-Liga gespielt und ihren Bachelor in Soziologie absolviert. «Jetzt will ich Möhlins Schulen und den heutigen Schülern etwas zurückgeben.» Wenn man so will: Von der Schule keine Steine in den sportlichen Weg gelegt bekommen, über den Sport auch andere Welten gesehen, durfte Lea Hinnen abseits des Schulzimmers viel fürs Leben lernen. Aus Dank für dieses Stück vom Glück will sie nun also auch etwas zurückgeben. Heute, aber auch langfristig. Hinnen möchte im Herbst in Bern ihr Masterstudium in Soziologie aufnehmen, und später in die Entwicklungshilfe einsteigen. Noch diesen Juni wird sie knapp zwei Monate in Kamerun und Südafrika für «ihr» Sporthilfeprojekt «Coaches Across Continents» tätig sein.
Lea Hinnen – junge Frau mit Gedanken, die weit über die Grundlinie des Fussballfelds hinausreichen.


Bewegung, Bewegung!

MÖHLIN. Der «Hindernislauf für Afrika» von Lea Hinnen für alle Mädchen und Buben am Freitag, 20. Mai, (ab 13.30 Uhr, alte Steinlihalle) ist nur einer von unzähligen Anlässen im Rahmen der Bewegungswoche, die bis und mit 28. Mai dauert. «Möhlin ist auf das Gemeindeduell vorbereitet. Ein vielseitiges Programm haben wir in Zusammenarbeit mit Vereinen und Privatpersonen zusammengestellt», sagt André Beyeler, Leiter Kultur- und Standortmarketing und OK-Präsident für die Bewegungswoche in Möhlin. (rw)


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