Pastoralräume als Lösung gegen den Priestermangel?

  18.03.2016 Gemeinden, Oberes Fricktal, Religion, Unteres Fricktal

Von Daniela Leimgruber

Die Veränderungen innerhalb unserer Gesellschaft gehen auch an der römisch katholischen Kirche nicht spurlos vorbei. Eine komplexere und vielfältigere Gesellschaft fordert heraus. Als Antwort darauf wartet das Bistum schon seit längerem mit der Forderung auf, Pastoralräume zu bilden. Diese sollen die Botschaft Jesu wieder näher ans Volk bringen und so den Glauben wieder vermehrt ins Spiel bringen. Dies ist sowohl für die Kirchenpflegen wie auch für die Seelsorgenden im Fricktal eine grosse Herausforderung. Die NFZ hat sich bei den Verantwortlichen umgehört und nach dem aktuellen Stand der Dinge gefragt.

Optimistisch in Projektphase gestartet
Im Pastoralraum AG21 mit den Pfarreien Laufenburg, Kaisten, Ittenthal, Sulz, Mettau und Gansingen steht man den geplanten Pastoralräumen positiv gegenüber. Mit Projektleiter Thomas Frey, welcher explizit vom Bischof mit der Errichtung eines Pastoralraums beauftragt und in den Seelsorgeverband Schynberg beordert wurde, startete am 28. Januar 2016 offiziell die Projektphase der Pastoralraumbildung. Thomas Frey erlebt die Zusammenarbeit mit dem Bistum als «sehr eng» und nutzt den Austausch mit anderen Projektverantwortlichen wie auch mit Bischofsvikar Christoph Sterkman zur Weiterentwicklung des Grossprojekts. So wird voraussichtlich der Pastoralraum AG21 im Advent 2017 oder Anfang 2018 errichtet sein.

Nutzen der Pastoralräume wird hinterfragt
Andere Töne werden im zukünftigen Pastoralraum AG 20 angestimmt. Der grösste Pastoralraum des Fricktals umfasst die Pfarreien Oeschgen, Frick, Gipf-Oberfrick, Wittnau, Wölflinswil-Oberhof sowie die Pfarreien Herznach-Ueken, Hornussen und Zeihen. Die Meinung der Seelsorger vor Ort unterscheidet sich hier insbesondere in Bezug auf die Grösse des Pastoralraums von der Meinung des Bistums. «Unsere Anliegen und Bedenken gingen jedoch nicht in die Entscheidung mit ein», so Martin Linzmeier, Gemeindeleiter der Pfarrei Gipf-Oberfrick. «Als Seelsorger bin ich der Meinung, dass wir im Seelsorgeverband eine gute Zusammenarbeit haben und auch die Solidarität untereinander spielt.» Dies bestätigt auch Bernhard Lindner, Gemeindeleiter der Pfarrei Oeschgen. Er schlägt gleichzeitig kritische Töne an: «Seit Jahren pflegen wir eine Zusammenarbeit bezüglich Gottesdienstplanung, Religionsunterricht, Altersheim-Seelsorge und vielem mehr. Insbesondere auch mit dem Kirchlich Regionalen Sozialdienst (KRSD), der ja sogar ökumenisch getragen wird, verfügen wir über eine gute Kooperation untereinander. Beim letzten Pastoralraumbesuch im 2012 bemerkte Bischof Felix, dass der KRSD ein gutes Beispiel für eine funktionierende Zusammenarbeit in einem Pastoralraum wäre. Interessanterweise haben wir dazu aber keinen Pastoralraum gebraucht.»
Für die Verantwortlichen im zukünftigen Pastoralraum bleibt die Frage offen, welche Vorteile eine übergeordnete Struktur wie es der Pastoralraum ist, zusätzlich bringen kann. Das eigentliche Problem, der Mangel an Seelsorgenden, wird dadurch nicht gelöst. Aus Sicht von Lindner verstösst die Pastoralraumbildung gegen den Grundsatz «Never change a running system» (Wechsle ein funktionierendes System nie aus). Aus seiner Sicht macht es keinen Sinn, eine bestehende Arbeit anzuhalten, um ein neues System zu implementieren. Dementsprechend bleibt es spannend zu beobachten, wie die weiteren Schritte im zukünftigen Pastoralraum AG20 aussehen werden. Insbesondere, da das Bistum (siehe Interview Christoph Sterkman) den herausgezögerten Start der Projektphase mit der personellen Konstellation begründet.

Basis lehnt sich gegen Pastoralraum auf
Im geplanten Pastoralraum AG19, welcher die Fricktaler Pfarreien Kaiseraugst sowie Rheinfelden-Magden-Olsberg und die basellandschaftlichen Pfarreien Giebenach und Arisdorf umfasst, ist das Projekt Pastoralraumbild gänzlich sistiert. Ein Beschluss der Kirchgemeinde Kaiseraugst blockiert die Bildung eines Pastoralraums in diesem Teil des Fricktals. Die Verweigerung bei der Bildung der Pastoralraumbildung mitzuwirken ist demnach nicht ein Entscheid der Kirchenpflege, sondern ein Entschluss der Basis ist. Diese fragt sich, wozu die neuen Strukturen notwendig sind und befürchtet eine Verminderung der Selbstständigkeit der Kirchgemeinde. Zudem wird das Vorgehen des Bistums stark kritisiert. Aus Sicht der Kirchgemeinde Kaiseraugst wird mit Druck von oben versucht, den Kirchgemeinden eine neue Struktur über zu stülpen. Diese Haltung hat sowohl in den Medien wie auch beim Bistum hohe Wellen ausgelöst. Dies ändert jedoch nichts am Standpunkt der Kirchgemeinde: «Natürlich habe ich die ständigen Nachfragen bezüglich Pastoralraumbildung langsam satt. Dies ändert jedoch nichts an meiner Haltung. Denn ich fühle mich getragen und bestärkt durch die aktiven Mitglieder unserer Pfarrei.» erklärt Lisbeth Dudler, Präsidentin der Kirchenpflege Kaiseraugst.

Vakanzen als Bremsklotz
Der Seelsorgeverband (SSV) Fischingertal und der SSV Eiken-Stein, welche zukünftig den Pastoralraum AG17 bilden werden, sind zurzeit beide personell unterbesetzt. Die Einarbeitung des indonesischen Priesters im SSV Eiken-Stein, respektive die nicht besetzten Stellenprozente in der Seelsorge im SSV Fischingertal verunmöglichen es, sich der Bildung von Pastoralräumen zu widmen. Ein Start der Projektphase ist daher auf Eis gelegt.

Beispielhaft, aber nicht nach Vorgabe
Vorbildlich gut unterwegs ist Pastoralraum AG18. Mit Daniel Reidy als Projektleiter und Vorsteher einer siebenköpfigen Projektgruppe (vier Vertreter der Kirchgemeinden, drei Seelsorger). Im Herbst 2015 gestartet, verfolgen die Beteiligten das Ziel, den Pastoralraum im Juni 2017 zu errichten. Somit wird der Pastoralraum mit den Pfarreien Möhlin, Zeiningen, Zuzgen und Wegenstetten-Hellikon voraussichtlich der erste Pastoralraum im Fricktal sein. Mit rund einem Jahr Verspätung kann aber auch hier die Vorgabe des Bischofs, wonach die Pastoralräume im Jahr 2016 errichtet sein sollten, nicht eingehalten werden.


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