Am Gefahrenpotential scheiden sich die Geister

  08.02.2016 Natur, Schwaderloch, Oberes Fricktal

Von Bernadette Zaniolo

«Aus Gründen der Verhältnismässigkeit und in Anbetracht der angespannten Finanzlage der Gemeinde wird sowohl auf eine Überprüfung der Gefahrenkarte Hochwasser als auch auf die Ergreifung von Massnahmen, um den Wängibach aus der Gefahrenkarte Hochwasser zu entfernen, verzichtet», teilte der Gemeinderat Schwaderloch in den amtlichen Nachrichten von letzter Woche mit. Gemäss Gemeindeammann Rolf Häusler wären bauliche Hochwasserschutzmassnahmen in der Höhe von mehreren Millionen Franken nötig, um den Wängibach aus der Gefahrenkarte zu entfernen. Für gewisse, auch ältere Schwaderlocher Einwohner ist jedoch gar nicht nachvollziehbar, wieso dieser Bach eine Hochwassergefahr darstellen soll.

«Das ist absoluter Blödsinn»

«Der Wängibach existiert nur noch auf dem Papier», so Hermann Vögeli. Häusler bestätigt, dass der Wängibach «in der Regel kein Wasser führt». Wie Häusler gegenüber der NFZ weiter sagt, sei es auch für den Gemeinderat anfänglich nicht nachvollziehbar gewesen, aufgrund welcher Berechnungen diese Gefahrenkarten entstanden sind.

An der Gemeindeversammlung im November informierte der Hydrologe Roger Kolb über die Hochwassergefährdung in Schwaderloch und die Gefahrenkarte Hochwasser, die der Aargauischen Gebäudeversicherung als Grundlage für die Beurteilung von Hochwasserschutzmassnahmen im Zusammenhang mit Baugesuchen dient. Der Wängibach wird im Bereich der ehemaligen Deponie «Tanneschächteli», zirka 100 Meter oberhalb der früheren Liegenschaft von Hanspeter Schneider gefasst. In einem Rohr von knapp 50 Zentimeter Durchmesser fliesst das Wasser (so es denn hat) unterirdisch in die Kanalisation.

Gemäss dem Berechnungsmodell des zuständigen Ingenieurbüros muss bei einem Extremereignis in diesem Bereich mit einem Wasseranfall von bis zu drei Kubikmeter pro Sekunde gerechnet werden. Dieses Volumen könnte mit der heutigen Fassung nicht aufgenommen werden, womit der Wängibach über den Wängiweg und die Dorfstrasse abfliessen würde. Dies könnte dazu führen, dass das Unterdorf bis zu zirka 12 Zentimeter überflutet wird. «Aber ich möchte klar betonen: Diese Resultate basieren auf den Berechnungen des Modells der Hydrologen und sind nicht ein Hirngespinst des Gemeinderates», so der Gemeindeammann.

Alles nur Theorie?

«Der tragische Tod einer jungen Frau beim Hochwasser in Sulz, hat gezeigt, dass es zu solchen extremen Situationen kommen kann, die einen harmlosen Bach in ein reissendes Gewässer verwandeln können», so der Schwaderlocher Gemeindeammann. «Inwieweit ein derartiges Extremereignis auch beim Wängibach eintreten könnte, kann und will ich nicht beurteilen. Dafür sind die spezialisierten Ingenieurbüros zuständig.»

Überschwemmungen bekannt

Bereits in vergangenen Jahren wurden Keller von Häusern, die sich in Rheinnähe befinden, bei Hochwasser schon mehrfach überflutet. Wobei dies jeweils eine Auswirkung des Rheines war und mit dem Wängibach nichts zu tun hatte.

Wie Häusler der NFZ weiter sagte, habe der Bund ein Instrumentarium, welches festlege wann und wo bei Hochwassergefahr entlang der Flüsse zwischen Bern und Basel die Schleusen geöffnet würden, und so die Wasserstände reguliert werden. Dieses sehe unter anderem vor, dass wenn die Rheinfelder Altstadt gefährdet ist, überflutet zu werden, man in Laufenburg staue. Das würde bedeuten, dass das landwirtschaftlich genutzte und unbewohnte Feld in Schwaderloch geflutet wird. «Man geht davon aus, dass der Schaden so am geringsten sei», so Häusler. Dies würde die bereits heute kritische Situation bezüglich Überschwemmungen im Bereich Rossgarten, natürlich nochmals verschärfen. «Aber ich wiederhole nochmals: Das sind die Auswirkung des Rheines und hat mit dem Wängibach nichts zu tun», so Häusler.

Die Frage, ob bei einem Extremereignis eine Kumulation von einem überschwemmten Wängibach und erhöhtem Wasserstand des Rheines möglich wäre, müssen die Hydrologen beantworten.

«Das ist totaler Schwachsinn»

Der Eintrag der Liegenschaft in der Hochwasser-Gefahrenkarte hat jedoch Einfluss auf Baubewilligungen. So muss in Schwaderloch zum Beispiel zum Schutz vor Hochwasser die Bordkante bei den Garageneinfahrten eine Höhe von 15 Zentimeter aufweisen. «Was mich persönlich ärgert ist, dass auch die Besitzer von bestehenden Bauten den Hochwasserschutz-Nachweis erbringen müssen, wenn sie ein Baugesuch für den Umbau oder eine Erweiterung einreichen.» «Und bei neuen Häusern muss die Unterkante des Erdgeschosses einen Meter ab Boden sein. Das ist totaler Schwachsinn», so Vögeli.

In der Nähe des Schulhauses in Schwaderloch war der Bau von zwei Mehrfamilienhäusern geplant. Die Baubewilligung dafür wurde inzwischen erteilt. «Der Grund für die Verzögerung der Baubewilligung liegt nicht nur darin, dass der Hochwasserschutz-Nachweis erbracht werden musste. Auch die Baupläne haben mehrmals den Besitzer gewechselt», sagt Häusler. Wann und ob die beiden Mehrfamilienhäuser realisiert werden ist jedoch gemäss Häusler offen.


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