«Ein Entscheid zwischen Pest und Cholera»

  26.11.2015 Aargau, Rheinfelden, Wirtschaft, Gewerbe, Unteres Fricktal

Von Valentin Zumsteg

«Die anhaltende Frankenstärke beschäftigt die KMUs sehr», sagte Linus Lori, Leiter Firmenkunden Fricktal bei der Neuen Aargauer Bank (NAB). Über 100 Vertreter von Fricktaler Gewerbebetrieben haben am Montagabend den Wirtschaftsapéro der NAB in Rheinfelden besucht. Dort bekamen sie aus erster Hand zu hören, warum die Schweizerische Nationalbank am 15. Januar 2015 den Euro-Mindestkurs von 1.20 Franken aufgegeben hat.

«Das kleinere Übel»

«Es war kein Entscheid zwischen einer guten und einer schlechten Lösung. Es war ein Entscheid zwischen Pest und Cholera», sagte Daniel Hanimann. Er ist bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) Delegierter für Wirtschaftskontakte in der Nordwestschweiz. «Wir sind aber überzeugt, dass wir das kleinere Übel gewählt haben, auch wenn Sie die Folgen des Entscheids spüren», so Hanimann.

Die SNB habe handeln müssen. Wegen der Interventionen am Devisenmarkt hat sich die Bilanz der Nationalbank von rund 100 Milliarden Franken im Jahr 2002 auf heute rund 600 Milliarden Franken erhöht. «Bei keiner anderen Notenbank gab es eine so starke prozentuale Entwicklung», so Hanimann.

Wie eine Umfrage der SNB bei regionalen Unternehmen ergeben hat, sind Zweidrittel vom starken Franken negativ betroffen. Die Firmen hätten reagiert und die inländischen Preise gesenkt. Sie setzen aber auch auf Innovation und Verbesserung der Prozesse. Erst an dritter Stelle kommen gemäss Hanimann eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit, ein Personalstopp oder gar ein Personalabbau. Hanimann geht aufgrund der Umfrage davon aus, dass die meisten Firmen den Frankenschock verdaut haben. Es könne aber noch zu Teilauslagerungen der Geschäftstätigkeit ins Ausland kommen. Trotzdem rechnet er mit einem Wachstum von rund einem Prozent in diesem Jahr. Auch 2016 geht er von einem Wachstum der Schweizer Wirtschaft aus. «Es ist fast einzigartig auf der Welt, dass eine Wirtschaft eine solche Aufwertung der Währung so gut absorbiert. Das ist eine grosse Leistung», betonte Hanimann.

 

«An Rezession vorbeisegeln»

In die gleiche Richtung äusserte sich der zweite Referent des Abends: «Die Schweiz wird an einer Rezession vorbeisegeln. Das Wachstum hat sich aber halbiert», erklärte Thomas Rühl, Leiter Regional Research bei der Credit Suisse. Er geht allerdings davon aus, dass sich die Arbeitslosenquote von heute 3,3 Prozent auf 3,7 Prozent im 2016 erhöhen wird. Rühl ist Verfasser der «NAB Regionalstudie 2015», die sich mit dem Thema «Welche Bildung braucht der Arbeitsmarkt» beschäftigt.

In einem Vergleich von 110 Regionen der Schweiz rangiert das Fricktal auf Platz 25, während das Oberbaselbiet auf dem 42. Rang liege. Das Fricktal sei ein Magnet für die Spitzenindustrie. Dies ist zu einem grossen Teil der Pharmabranche zu verdanken. Vor allem bei den Kriterien Erreichbarkeit und tiefe Steuerbelastung schneide das Fricktal überdurchschnittlich gut ab. Bei der Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften sei das Fricktal hingegen unterdurchschnittlich. Für Rühl ist klar: «Der Aargau und das Fricktal brauchen mehr Hochqualifizierte.»


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