Ehemaliger Chefarzt wegen Körperverletzung verurteilt

  30.07.2015 Aargau, Rheinfelden, Gesundheit, Brennpunkt

Von Valentin Zumsteg

Der Prozess gegen den ehemaligen Chefarzt der Frauenklinik des Gesundheitszentrums Fricktal (GZF) zog sich über ein Jahr hin. Die ersten Verhandlungstage fanden bereits im Mai 2014 statt. Weil die Verteidigung aber weitere Beweisanträge gestellt hatte, ging die Verhandlung erst im Juni 2015 weiter. Seit kurzem liegt das Urteil vor. Demnach verurteilt das Bezirksgericht den deutschen Mediziner – wie von der Staatsanwaltschaft gefordert – wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung. Die Verteidigung hatte einen Freispruch verlangt.

Zur Vorgeschichte: Im September 2009 hatte der Chefarzt bei einer Frau eine Entfernung der Gebärmutter mittels Unterbauchquerschnitt sowie eine Lösung von Verwachsungen im Bauchraum durchgeführt. Laut der Staatsanwaltschaft kam es im Verlauf des Eingriffs zu Organverletzungen, die vom Arzt teilweise nicht erkannt worden seien. Die Folge: schwerwiegende Komplikationen. Der Chefarzt soll aber – laut Anklageschrift – an einer falschen Diagnose festgehalten haben, trotz anderer Meinungen von Kollegen.

Die Frau, die in einen lebensbedrohlichen Zustand geriet, kam erst nach zwei Tagen ins Kantonsspital Aarau. Sie wurde dort notfallmässig operiert und erlitt einen Herzstillstand. Ihr Leben konnte gerettet werden, doch sie musste während mehrerer Monate mit offener Bauchdecke im Spital bleiben und weitere Operationen über sich ergehen lassen. Die Frau war danach nicht mehr arbeitsfähig; sie erhält eine Invalidenrente. Das Gesundheitszentrum trennte sich im November 2009 per sofort vom Chefarzt der Frauenklinik, der erst 2008 angestellt worden war.

Beim Strafmass ging das Bezirksgericht Rheinfelden über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus: Diese hatte eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 320 Franken (total 57 600 Franken) gefordert. Der Gerichtspräsident Christoph Lüdi verurteilte den Mediziner aber zu einer bedingten Geldstrafe von 200 Tagessätzen à 370 Franken (74 000 Franken) bei einer Probezeit von zwei Jahren. Gleichzeitig verhängte das Gericht eine Busse in der Höhe von 15 000 statt 10 000 Franken. Zudem bekam die Klägerin eine Genugtuung von 100 000 Franken zugesprochen. Die Schadenersatzforderung in der Höhe von rund 1,5 Millionen Franken wurde vom Gericht auf den Zivilweg verwiesen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es ist davon auszugehen, dass es vom Verurteilten an die nächste Instanz weitergezogen wird.

 


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