Der Barmann

  30.04.2015 Gastronomie, Rheinfelden, Gewerbe, Porträt, Unteres Fricktal

Wo trifft man Fritz Reinhard? Natürlich in einer Bar; genauer gesagt: in seiner Bar. Also im «Schlüssel» in der Rheinfelder Geissgasse. Hier ist er Wirt, hier wollen wir uns mit ihm unterhalten. Zum Gespräch gehören Kaffee und Zigaretten. Fritz Reinhard sieht man selten ohne Glimmstengel oder Zahnstocher im Mundwinkel.

 

Die Bar ist seine Bühne

«Ich bin ein geselliger Mensch, der gerne einen Spruch macht», erklärt Reinhard. Die Bar ist seine Bühne. Hinter dem Tresen - im Kontakt mit den Leuten - fühlt er sich wohl. «Die Bar war für mich ein Ausgleich zur Arbeit bei der Versicherung. Andere gehen am Feierabend nach Hause und schauen Fernsehen. Ich gehe in die Bar und bin Wirt», erzählt der 64-Jährige.

Reinhard hat in seinem Leben schon vieles gemacht. Dass er irgendwann Wirt und Versicherungsberater werden würde, war ein Zufall und nicht vorhersehbar. Aufgewachsen ist er auf einem Bauernhof in Möhlin. Landwirt wollte er zwar nie werden, dennoch machte er einen landwirtschaftlichen Lehrabschluss und ging für ein Jahr ins Welschland. «Ich wusste damals nicht, was ich sonst machen sollte.»

Zurück in Möhlin lernte er Konstruktionsschlosser und arbeitete ein Jahr auf dem Beruf. Doch das war nicht seine Berufung: Ihn zog es in die Gastronomie. Er begann als Kellner in Kriens, später arbeitete er im Bündnerland, in Adelboden und in Grindelwald. Dort lernte er seine künftige Frau Eliane Cattin, eine Coiffeuse aus La Chaux-de-Fonds, kennen. Es folgten weitere Stationen in Rheinfelden, Fribourg und Emmen. Dazwischen machte er eine grosse Reise von Kanada bis Mexiko.

 

«Es gab öfter Schlägereien»

Eigentlich wollte sich das Paar mit einer Bar in der Innerschweiz selbständig machen, doch sie fanden nichts Passendes. So kamen sie 1983 zurück ins Fricktal, wo in Rheinfelden die «National-Bar» frei war. «Genau so etwas hatten wir gesucht», erklärt Fritz Reinhard. Der Start war allerdings nicht einfach, die Bar hatte einen schlechten Ruf. «In der Anfangszeit gab es an den Wochenenden öfters Schlägereien. Es brauchte ein Jahr, bis wir Ruhe hatten», erinnert sich Reinhard. Damals sei noch deutlich mehr getrunken worden als heute.

Nach sieben Jahren als Wirt bekam er das Angebot, bei der Mobiliar-Versicherung als Aussendienst-Mitarbeiter einzusteigen. «Ich konnte mir das anfänglich nicht vorstellen. Doch ich habe es probiert und es hat mir gefallen.» Das war 1990. Im gleichen Jahr gaben sie das «National» auf. Doch irgendetwas fehlte. Deswegen übernahmen sie die Bar 1997 ein zweites Mal. «Sie war heruntergewirtschaftet worden. Das hat uns weh getan», so Reinhard. Also war er von jetzt an tagsüber bei der Versicherung und nachts in der Bar. 2002 hatten Fritz und Eliane Reinhard  genug und verabschiedeten sich wieder aus dem «National». Er konnte sich wieder ganz auf seinen Versicherungsjob konzentrieren.

Doch dabei blieb es nicht. 2005 wurde ihnen der «Schlüssel» in Rheinfelden zur Pacht angeboten. Nach reiflicher Überlegung haben sie zugesagt. Seither ist er wieder Wirt – und geniesst es.

«Die Gastroszene in Rheinfelden hat sich stark verändert. Die Tradition des Feierabend-Biers gibt es hier fast nicht mehr», erzählt Reinhard. Er ist froh, dass er den «Schlüssel» als Raucherlokal führen kann. «Wäre dies nicht möglich gewesen, hätte ich den Betrieb geschlossen. Zu strenge Rauchergesetze machen die Beizen als soziale Institutionen kaputt», ist Reinhard überzeugt und zündet sich eine weitere Zigarette an.

 

Frühpensioniert – aber nicht als Wirt

Die Doppelbelastung als Wirt und Versicherungsmann hat jetzt aber ein Ende. Nach 25 Jahren bei der Mobiliar-Versicherung hat er sich auf Mitte April 2015 frühpensionieren lassen. «Das fühlt sich gut an. Die letzen Jahre waren vielleicht doch etwas anstrengend», so Reinhard. Es kam oft vor, dass er nach einem Arbeitstag bei der Versicherung in seine Bar ging, um dort bis Mitternacht die Gäste zu betreuen. Am nächsten Morgen war er trotzdem wieder um 9 Uhr im Büro.

Jetzt will er es etwas ruhiger angehen und sich nur noch dem «Schlüssel» widmen. «Ich möchte die Bar mit Güggelistube noch einige Jahre weiterführen.» Er kann sich aber auch vorstellen, irgendwann zusammen mit seiner Frau eine grosse Reise zu unternehmen. Neugierig auf die Welt und die Menschen ist er immer noch.


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