Gipfeltreffen mit Schibä

  26.03.2015 Magden, Persönlich, Stein, Oberes Fricktal, Porträt, Unteres Fricktal

Freitagmorgen, 9.15 Uhr, in Stein. Mit fünfzehn Minuten Verspätung fährt eine weisse Limousine vor. Zwei baumlange, kräftige Leibwächter mit schwarzen Sonnenbrillen entsteigen dem Wagen. Sie öffnen die hintere Autotür. Dann steigt er gelangweilt aus; verschlafen, dunkle Ringe unter den Augen. Endlich Platz genommen im Lokal, bestellt er zum Start in den Tag einen Johnnie Walker und sagt dann im Gespräch mit der NFZ lauter schmutzige Dinge. Immer wieder flucht er seinem breiten Berner Oberländer Dialekt.

So etwa könnte Andreas Scheiben alias «Schibä» seinen eigenen Auftritt zu diesem Treffen beschreiben, wenn er wieder mal gefragt wird: Wie lebt es sich denn so als bekannter Musiker in der Schweiz?

Schibä hat Humor, eine gehörige Portion Selbstironie sowieso, das steht schnell einmal fest, und an diesem Morgen beim Treffen in der Bäckerei – pünktlich übrigens, 9 Uhr – hat er vor allem Lust auf einen Kaffee und zwei Buttergipfel. Dann erzählt er davon, wie sein tagtägliches Musikerleben wirklich ist. Spass macht ihm dieses, doch ist es kein ausuferndes. Er geht ausserdem einer ganz normalen Arbeit als Grafiker nach.

 

Schocktherapeut

Schibä ist 35. Berner Oberländer. Er wohnt in Stein, lebte zuvor mehrere Jahre ausschliesslich von der Musik. Selbstverständlich, Schibä ist nicht der Prominenteste im ganzen Land, doch ist er ein Begriff in der Schweizer Mundartszene. Richtig bekannt geworden als Frontmann der Thuner Rockband «Aextra», ist er seit 2011 Leadsänger und Gitarrist von «QL», jener Band aus dem Berner Seeland, welche vor über zehn Jahren begann, die Schweizer Musikszene aufzumischen. QL spielt einen nur schwer einzuordnenden Stil. «Fun-Punk» nennen es die Bandmitglieder. Das trifft es wahrscheinlich ganz gut. Das Konzept hört sich simpel an und doch, man muss es diesen Gründervätern zugutehalten – darauf musste erst einmal jemand kommen: QL versah bekannte Schweizer Mundartlieder mit unüberhörbaren Elementen des Punk-Rocks. Auf der bandeigenen Webseite liest sich das so: «QLs frische und freche Aufarbeitung zeitgenössischen und klassischen Schweizer Liedguts war die Schocktherapie, welche eine behäbig gewordene Szene so dringend brauchte.» QL sind, wenn man so will, die helvetischen Toten Hosen vom Maiensäss.

 

Klare Worte

Schibä beisst in seinen Gipfel und sagt dann nüchtern: «Ich mache nicht Musik, um steinreich zu werden. Sondern aus Leidenschaft.»

Er wird am Schluss des Gesprächs unbehelligt seinen Kaffee getrunken und beide Gipfel gegessen haben, wieder gehen, nicht aber in eine weisse Limousine mit Privatchauffeur steigen, doch dafür ein paar ehrliche und kluge Sätze gesagt haben wie: «Als Mundart-Künstler sind dir klare Grenzen gesetzt». Oder: «Es ist gar nicht übel, neben der Musik einen geregelten Job zu haben, um die Bodenhaftung nicht zu verlieren.» Von wegen also Sex, Drugs and Rock’n’Roll; Schibä ist völlig unbrauchbar, um sich diesem Klischee zu bedienen. «Ich war nie ein Rock’n’Roll-Rebell auf Biegen und Brechen. Das bringt mich mit meiner Musik ja nicht weiter.» Auf der Suche nach einem Erklärstück kommt wieder Kaffee ins Spiel. «Da, schau», sagt er, überlegt kurz, zeigt mit dem Finger drauf: «Möchte ich zum Beispiel ein Lied über dieses Kaffi-Tassli schreiben, dann mach ich das einfach. Ich brauche deswegen weder betrunken zu sein, noch brauche ich dafür 17 Frauen um mich herum als Inspirationsquelle. Das alles ändert doch am Tassli nichts.» Schibä macht die Dinge so und nicht anders, weil er so will. Und wieder folgt einer dieser ernsthaften Sätze des Spass-Rockers: «Wenn du nur mit Musik allein deinen Unterhalt verdienen willst, kannst du nicht mehr uneingeschränkt das tun, wonach dir wirklich ist. Du bist plötzlich Dienstleister und musst dich der Nachfrage deiner Kundschaft anpassen. Durch mein zweites Standbein als Grafiker bin ich freier in der Musik geworden.» Mundart-Rocker Schibä, dieser Dialekt-Punkmusiker, er taugt zwar nicht als Klischee-Rebell. Langweilig ist er deswegen aber noch lange nicht. Seine Gedanken und Vorstellungen vom Leben landen nicht direkt im nächsten Bühnengraben.

 

Die Liebe

Grandios gescheitert übrigens mit fehlendem Talent an der Blockflöte prophezeite ihm seine damalige Lehrerin vieles nur keine Musikkarriere. Natürlich kam es anders, und früh entdeckte Schibä seine talentierten Saiten auf der Gitarre. Seither ist viel geschehen. Er wurde bekannt als Frontmann der Berner Band «Aextra», ist nun Leadsänger und Gitarrist von «QL» und ausserdem gibt es ihn auch als «Schibae unplugged», wo ihn das Publikum für diverse Anlässe buchen kann.

Stellt sich noch die Frage, weshalb dieser 35-Jährige den behäbigen Thunersee gegen den rauschenden Rhein eingetauscht hat. Natürlich: Es war 2009 die Liebe. Nur für sie zog Schibä aextra nach Stein. Er ist geblieben. Seine Liebe auch. Das finden wir QL.

 

Schibä übermorgen an der Rocknight Magden

Wer nicht nur von ihm lesen will, sondern ihn auch hören will, dem bietet sich kommenden Samstag, 28. März, die naheliegende Möglichkeit. Schibä tritt mit seinen Jungs von QL an der 13. Magdener Rocknight auf. Ohnehin ist an diesem Abend Mundart Trumpf. Vor QL spielt Ritschi, der ehemalige Frontmann von Plüsch. Alle Infos zur Rocknight (Bandcontest bereits morgen Freitag) im Internet. Tickets gibt es im Vorverkauf bei der Aargauischen Kantonalbank und der Mobiliar in Rheinfelden sowie an der Abendkasse. (rw)


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