Im Sport ist Homosexualität noch ein Tabu

  23.10.2014 Brennpunkt, Rheinfelden, Sport

«Homosexualität im Sport ist immer noch ein schwieriges Thema. Homosexuelle Sportler haben oftmals mit Vorurteilen zu kämpfen», erklärte Béa Bieber, Rheinfelder Stadträtin und Mitglied der Sportkommission, am Montagabend. Einmal pro Jahr organisiert die Rheinfelder Sportkommission einen Weiterbildungsanlass für Sportvereine, Sportinteressierte, Sportanbieter sowie für Hallen- und Platzwarte. Am Montagabend trafen sich rund 40 Personen im «Schalander» der Brauerei Feldschlösschen. Thema diesmal war «Sport – Homosexualität – Homophobie». «Lokale Sportvereine sind gefragt, das Thema im Auge zu behalten und vorbildlich zu handeln», sagte Béa Bieber.

Als Referent des Abends trat Laurent Paccaud auf. Der Romand kämpft als Judoka in der Nationalliga A und ist bei der schweizerischen Schwulenorganisation «Pink Cross» für das Ressort Sport verantwortlich. «Es geht nicht darum – wie oftmals als Polemik behauptet wird – dass sich Homosexuelle nun auch noch im Sport exponieren wollen. Aus der Sicht Homo- und Bisexueller soll ihre Sexualität ja eigentlich kein Thema sein. Nur muss dafür zunächst eine Normalität geschaffen werden: Die Möglichkeit, sich nicht verstecken zu müssen, keine Diskriminierung befürchten zu müssen.»

Das «Versteckspiel» schränke die Lebensqualität der homosexuellen Sportler erheblich ein und könne gar dazu führen, dass manche ganz aus dem Sport aussteigen. «Das wiederum bedeutet einen Verlust für den Sport: Er verliert menschlich, sportlich und letztlich auch ökonomisch», so Paccaud, der sich in seiner Dissertation mit diesem Thema beschäftigt.

Der Sport könnte auf der anderen Seite eine Vorbildfunktion einnehmen: «Durch seine unvergleichliche emotionale Breitenwirkung hat Sport die grosse Chance, Vorbild zu sein, voranzugehen und den gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben.»

Heute sei Diskriminierung aber immer noch alltäglich. «Noch immer rümpfen ein Viertel aller Schweizerinnen und Schweizer die Nase, wenn sie zwei Männer auf der Strasse Hand in Hand sehen.» Für Paccaud ist klar: «Der Sport kann in jeder Hinsicht nur gewinnen, wenn er sich aktiv für Respekt und Anerkennung aller Menschen einsetzt, die an ihm teilhaben wollen – auf dem Rasen, auf den Rängen, im Verein und im Verband.»

Bleibt die Frage, was zu tun ist? Laurent Paccaud empfiehlt vor allem, darüber zu reden. «Je mehr dieses Thema debattiert wird, desto höher ist die Akzeptanz.» Zudem solle die Sensibilisierung und die Ausbildung verstärkt werden. «Momentan arbeiten wir mit Swiss Olympic zusammen an einem Projekt zur Sensibilisierung der Sportlehrer, Trainer und Trainerinnen.» Diesen Personen kommt eine wichtige Rolle zu. Doch wie sollen sie sich verhalten? «Im Falle von direkter Homophobie: sofort Massnahmen ergreifen und erklären, dass Sie als Ausbildner ein solches Verhalten nicht tolerieren», empfiehlt Paccaud. Bei indirekter Homophobie sei es sinnvoll, nicht den Verursachenden zu stigmatisieren, sondern viel mehr anzuregen, über die Schimpfwörter nachzudenken. «Trainer und Trainerinnen, die schweigen, fördern unbewusst die Leiden homosexueller Menschen, indem sie deren Isolation noch verstärken.»

In der anschliessenden Diskussion wurde deutlich, dass die Bereitschaft, das Thema anzugehen, durchaus da ist. Aber es scheint auch einen Bedarf an Ausbildung und Beratung in diesem Bereich zu geben.


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